Die Porchetta aus Bevagna von Cariani, Hüter eines jahrtausendealten Wissens
Besuch bei Cariani, dem größten Porchetta-Hersteller Mittelitaliens.
Wie das Aushängeschild des italienischen Street Food hergestellt wird, wo man es findet und wie man es am besten genießt.
von Filippo Benedetti Valentini
In der Gemeindebibliothek von Bevagna ruht der Kaufvertrag für eine Porchetta aus dem Jahr 1886, von dem uns Giuliano Cariani im Büro seines Unternehmens im Ortsteil Torre eine Kopie zeigt. Damals waren die Hüter dieser jahrtausendealten Kunst, die einige bis auf die alten Etrusker zurückführen, in dieser unberührten Gegend Umbriens etwa zwanzig. Heute ist nur noch einer von ihnen übrig geblieben.
Das Unternehmen „Cariani – Porchetta Umbra di Bevagna“ entsteht im Jahr 1982, als Giuliano, Sohn eines Schweinehändlers, beschließt, verkaufsfertige Porchettas an die Straßenhändler der Region zu verkaufen, die die Schweine bis dahin selbst geschlachtet und gegart hatten. Von ihnen hat er von Kindesbeinen an die wesentlichen Zutaten einer guten Porchetta gelernt und jahrhundertealtes Wissen, Traditionen und Lokalgeschichte zusammengetragen.
Heute ist Cariani der einzige Porchetta-Hersteller in der Gegend von Bevagna und hat sich als solcher zu einem Referenzpunkt für ganz Mittelitalien entwickelt. Ein Symbol der hohen umbrischen Lebensmittelqualität und die größte „Wissensbank“, die heute zu diesem Thema im Land vorhanden ist.
Die Produktionsstätte. 850 Quadratmeter, die vollständig der Porchetta-Produktion gewidmet sind, 5 Kühlräume für die Lagerung der geschlachteten Schweine sowie für das Kühlen und Aufbewahren des Endprodukts. Dann die Halle für die Fleischverarbeitung und das Garen mit 6 doppelten Öfen, die insgesamt 12 Porchettas gleichzeitig braten können. Das heißt aber nicht, dass man hier mit industriellen Verfahren arbeitet. Ganz im Gegenteil.
Neben Giuliano beschäftigt das Unternehmen vier Angestellte, von denen zwei bereits ihr 25-jähriges Firmenjubiläum gefeiert haben. Jeder von ihnen hat diesen anspruchsvollen handwerklichen Beruf, der Genauigkeit und starke Arme verlangt, von seinem Vorgänger gelernt. Und was einst als Unternehmen entstand, ist heute eine Familie.
Das Ausgangsprodukt. Alle Schweine stammen aus umbrischen Zuchtbetrieben, und genauer aus der Gegend von Castiglione del Lago. Giuliano wählt nur Schweine, die sich in einem hervorragenden körperlichen Zustand befinden, keine Traumata erlitten haben, mit natürlichen Futtermitteln aufgezogen und denen keine Medikamente verabreicht wurden. Nach dem Schlachten werden sie in Kühlzellen gelagert und innerhalb weniger Stunden verarbeitet. Auf diese Weise kann garantiert werden, dass ausschließlich ganz frisches Fleisch zum Einsatz kommt. Das bereits ausgenommene Schwein wird auf dem Arbeitstisch von Hand entbeint. Mit Hilfe eines scharfen Messers und geschützt durch einen Stahlhandschuh bewegen sich die Hände des Fleischers auf dem roten Fleisch mit schnellen und sicheren Bewegungen, wobei sie einem unsichtbaren Weg folgen, den sie sich in jahrelanger Erfahrung angeeignet haben. Rippen und Füße werden entfernt.
Die Verarbeitung. Nach dem Entbeinen wird das Schwein für das spätere Verschließen vorbereitet. Dazu werden die Fleischlappen mit einer großen Nadel und einem widerstandsfähigen Faden durchstochen, um kurz vor dem Garen zusammengenäht werden zu können. Diese Phase erfordert besondere Aufmerksamkeit, da sie ein kompaktes Endprodukt gewährleistet, das nicht auseinanderfällt. Doch vor dem Verschließen wird die Porchetta mit Knoblauchzehen, Salz, indischem Pfeffer, Rosmarin und wildem Fenchel aromatisiert und mit weicher und saftiger Leber gefüllt, die diesen besonderen Schweinebraten einzigartig macht. Schließlich wird das Schwein auf ein Rohr aufgespießt und mit energischen Stichen am Bauch zugenäht. Jetzt ist das Wunder vollbracht.
Aber jedem seine Porchetta, wie Giuliano erklärt: „Die Würzmischung variiert sogar auf regionaler Ebene. Während man sie in Bevagna gerne mit allen Zutaten isst, wünscht man in Spoleto nur wenig Fenchel. In der Toskana ist reichlich Knoblauch ein Muss, in den Marken bevorzugt man wenig Rosmarin, dafür aber jede Menge Fenchel.“
Und wie wird sie traditionell gebraten? Am Spieß natürlich. 7 bis 8 Stunden langen gart die Porchetta, ohne je gedreht oder gewendet zu werden. Während dabei der aromatische Rauch der Gewürze in das Fleisch eindringt, tropfen das überschüssige Fett und Wasser in eine darunterliegende Wanne ab, in der die übrigen Füße, Teile des Muskels, Ohren und Magen mitgaren. Dabei entsteht der berühmte „Cicotto“, der auf einem Teller oder in einem ausgehöhlten Brötchen genossen werden kann. Die fertig gegarte Porchetta wird sofort in einem Kühlraum schockgekühlt: Durch das schnelle Absenken der Temperatur wird das Bakterienwachstum gehemmt. Auf diese Weise hält sie sich ohne Zugabe von Konservierungsstoffen bis zu 14 Tage.
Der Betrieb verarbeitet Schweine mit einem Lebendgewicht von 100 bis 130 Kilogramm zu Porchettas von 35-50 Kilogramm. Hergestellt werden aber auch tronchetti aus dem mittleren Teil des Schweins, der als der edelste gilt. Insgesamt produziert das Unternehmen so bis zu 36 Porchettas pro Tag in Spitzenzeiten, und zwar im Mai, Mitte August zu Ferragosto und in September. Der Verkäufer schneidet die saftige und herzhafte Porchetta in Scheiben, um dann zwei Scheiben vom Weißbrot aus dem Holzofen damit zu belegen. Abgerundet wird das Ganze mit ein paar Stückchen Leber aus der Füllung und einem Steifen der knusprigen Kruste. Traditionell wird das Brötchen von einem kräftigen Rotwein begleitet, wie einem Rosso oder Sagrantino di Montefalco. Aber auch ein bernsteinfarbenes und durststillendes Mild Ale oder die runderen und würzigeren Trappisten- und Klosterbiere passen gut dazu. Was heute ein Symbol des modernen Street Food ist, galt über Jahrhunderte hinweg als Seele der Geselligkeit bei den Festen der Tradition.
Wo sie erhältlich ist. Das Unternehmen produziert nur für Händler und Straßenverkäufer in ganz Mittelitalien.